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Berufsnachwuchs von morgen

Interview mit Prof. Dr. Barbara E. Weißenberger (WPK Magazin 4/2023)

Frau Professorin Weißenberger, Sie sind Inhaberin des Lehrstuhls für BWL, insbesondere Controlling und Accounting, an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf (HHU). Im Masterstudiengang BWL können Studierende innerhalb des Profils fact × hhu (finance × accounting × controlling × taxation) den Schwerpunkt Audit (§ 13b WPO) wählen. Was zeichnet diesen Studienschwerpunkt der HHU aus?

fact × hhu – das steht für ein umfassendes fachliches Lehrangebot in Finance, Accounting, Controlling und Taxation. Dort gibt es als einen von mehreren Studienschwerpunkten auch den Schwerpunkt Audit mit Anrechnung gem. § 13b WPO. Das bedeutet neben einem spannenden Vertiefungsgebiet im Masterstudium auch eine Abkürzung auf dem Weg zum Wirtschaftsprüfer. Denn die Studierenden haben bei uns die Möglichkeit, zwei Klausuren und eine mündliche Prüfung des WP-Examens schon während des Studiums abzulegen. Mit Anmeldung zum Examen können diese Prüfungen dann angerechnet werden. Damit sind sie im doppelten Sinn auf der Überholspur: Erstens können sie sich während des Masterstudiums inhaltlich auf Audit-Themen fokussieren und sich optimal auf die anrechenbare Klausur vorbereiten. Zweitens entlastet die Anrechnung die Examensvorbereitung und macht damit den Berufseinstieg leichter. Das freut natürlich auch die Arbeitgeber! Gegenüber dem klassischen WP-Examen gibt es also nur Vorteile. Und durch die enge Abstimmung mit der Wirtschaftsprüferkammer können wir sicherstellen, dass die Klausuren absolut gleichwertig zu den regulären Klausuren im WP-Examen sind. Das fordert natürlich auch sehr. Den Studierenden müssen wir deshalb zu Beginn des Masterstudiums immer erst einmal erklären, warum diese Klausuren vier Stunden dauern und sie überzeugen, was ihnen das auf der anderen Seite bringt!

Das Gesamtprofil fact × hhu, in das der Audit-Schwerpunkt eingebettet ist, vertrete ich natürlich nicht allein, sondern gemeinsam in einem großen Team von Professorinnen und Professoren, Dozierenden und Mitarbeitenden. Wir wollen dabei Absolventen mit exzellenten Fähigkeiten in Finance, Accounting, Controlling und Taxation ausbilden, die gleichzeitig an alle anderen betriebswirtschaftlichen Fachdisziplinen anschlussfähig sind. Durch das Studienprofil fact × hhu sorgen wir dafür, dass alle unsere Absolventen ein solides Fundament im gesamten CFO-Bereich haben. Wer will, kann sich dann auf einzelne Schwerpunktthemen fokussieren. Das kann zum Beispiel „Digitalisierung“ sein und entsprechend auch Kurse zu weiterführenden IT-Fragen wie der Implementierung moderner Datenbanktechnologien, aber auch Data Science bis hin zum Einsatz Künstlicher Intelligenz beinhalten, die unsere Kolleginnen und Kollegen aus der Informatik anbieten. Oder nehmen Sie das Beispiel Steuern: Hier kümmert sich unser Academic Teacher Fabian Failenschmid um die Ausbildung im Fach betriebswirtschaftliche Steuerlehre, zum Beispiel rund um Themen der nationalen und internationalen Ertrags- und Umsatzbesteuerung plus deren ökonomischen Auswirkungen, komplettiert durch Kurse im Steuerverfahrensrecht, in denen wir vom Angebot unserer juristischen Fakultät profitieren. Und ergänzt wird das Angebot natürlich auch von unseren Dozenten aus der Praxis. „Absolventen der HHU sind top fit: von AO bis Zuschlagskalkulation!“, meint StB Prof. Dr. Dirk Schmidtmann, Director bei RSM Ebner Stolz, der an unserer Fakultät Umwandlungssteuerrecht lehrt.

Welche fachlichen und methodischen Kompetenzen in Bezug auf das spätere Berufsziel des Wirtschaftsprüfers werden im Studienschwerpunkt Audit (§ 13b WPO) der HHU vermittelt?

Unsere Ausbildung forciert die Fähigkeit zur klugen Analyse und schult gleichzeitig die professionelle Intuition – beides Kompetenzen, die zukünftige Wirtschaftsprüfer brauchen! Deshalb passt unserer Ansicht nach auch ein Dozent mit Praxiserfahrung in der Wirtschaftsprüfung besonders gut zu unserem § 13b WPO-Programm. Wir freuen uns sehr, dass wir WP StB Dr. Lüder Kurz, Senior Manager im Bereich Rechnungslegung und Wirtschaftsprüfung kapitalmarktorientierter Unternehmen bei Grant Thornton, dafür gewinnen konnten. Gemeinsam wollen wir junge Menschen vor allem befähigen, selbstständig und selbstbewusst, Probleme und Herausforderungen in ihrem Berufsfeld zu durchdringen und dann ganz praktisch die Umsetzung geeigneter Lösungen zu gestalten und dabei die notwendige Verantwortung zu übernehmen. Wir glauben, dass ein wissenschaftliches Hochschulstudium genau das leisten soll. Das bedeutet einerseits, dass wir die Studierenden dazu anhalten, vor jeder Problemlösung erst einmal einen Schritt zurückzutreten und im wahrsten Sinne des Wortes die Lage umfassend zu sondieren. Wir nehmen diese in Wirklichkeit ganzheitliche Perspektive sehr ernst. Die Studierenden sollen klassische wie neue theoretische Ansätze nutzen, um Muster zu erkennen, Verbindungen zu ziehen und Zusammenhänge zu begreifen – genau das sind hier die richtigen Schlagworte. Andererseits verpflichtet uns unser Ansatz aber auch, gemeinsam mit den Studierenden immer wieder tief zu bohren. Wir wollen die Dinge nicht nur von oben, geschweige denn von oben herab betrachten. Also heißt es bei uns ausprobieren, Fehler machen, nachhaken, hartnäckig bleiben. Am Ende des Studiums sollen unsere Absolventen beides haben: Einblick und Überblick.

Welchen Stellenwert bei der Kompetenzvermittlung nehmen aus Ihrer Sicht IT-Kenntnisse über berufsrelevante IT-Systeme, IT-Sicherheit und ein aktives IT-Risiko-Management ein?

Fragen Sie dazu am besten Prof. Dr. Christopher Sessar. Er ist Chief Accounting Officer von SAP und auch Dozent in unserem Programm. Bei ihm lernen unsere Studierenden, wie Finanzprozesse digital abgebildet werden und wie Datenanalysen in Echtzeit beispielsweise durch die SAP Cloud Platform und den SAP Digital Boardroom möglich werden. Besonders beliebt ist auch das S/4HANA Simulation Game. Hier spielen die Studierenden verschiedene Manufacturing-Szenarien bei einem Müsli-Produzenten in der echten Software-Umgebung durch. Und das bedeutet auch echten Wettbewerb, inklusive Preise für das Gewinnerteam! „Ein kleiner Klick in SAP, aber ein riesiger Einblick für die Studierenden!“, stellt Prof. Sessar dabei immer wieder fest.

Zu den berufsrelevanten IT-Kompetenzen gehört beispielsweise natürlich auch DATEV-Know-how. Als Verantwortlicher für den Bereich Steuern bietet Herr Failenschmid den Studierenden ein DATEV-Fallstudien-Seminar an. Dabei erarbeiten die Studierenden anhand praktischer und durchaus anspruchsvoller Fragestellungen nicht nur, welche Buchungsvorgänge sachlich notwendig sind, sondern sie müssen sie auch korrekt in DATEV buchen – bis hin zur Erstellung der Steuerbilanzen sowie der dazugehörigen Steuererklärungen.

Und wenn wir über IT-Systeme sprechen, darf natürlich das Thema IT-Sicherheit nicht fehlen. Cybercrime ist eine sehr relevante Bedrohung, das sehen wir immer wieder und leider auch immer öfter. Wir vermitteln den Studierenden deshalb die Bedeutung von IT-Sicherheit und die notwendigen Techniken im Risiko-Management aus verschiedenen Perspektiven. Da gibt es natürlich die großen Skandale, über die man sprechen muss. Aber in der Breite viel wichtiger ist die Auseinandersetzung mit Strategien zur Vermeidung und Früherkennung. Das gilt auch für die Wahrnehmung von IT-Sicherheit als Wettbewerbsvorteil. Denn die Diskussion auf Kosten von Compliance und Governance zu beschränken greift viel zu kurz – schon allein deshalb, weil Non-Compliance ohnehin immer teurer ist.

Wie erfolgt die Vernetzung von Studium und Praxis an der HHU und welche Möglichkeiten gibt es für den aktiven Austausch zwischen Studenten und potenziellen Arbeitgebern? Haben Sie Beispiele für den Studienschwerpunkt Audit (§ 13b WPO)?

Die Vernetzung von Studium und Praxis erfolgt bei uns durch Inhalte und Personen. „Zu uns oder zu euch?“ ist dann oft die Frage an unserer Referentinnen und Referenten aus der Berufspraxis, denn natürlich freuen wir uns über Gastvorträge auf unserem Campus, aber wir wollen den Studierenden auch Einblicke vor Ort ermöglichen. Das können dann Exkursionen zu einzelnen Unternehmen sein, Besuche beim Finanzgericht in Düsseldorf oder Case Studies mit praxisnahen Fällen. Aber wir achten auch auf eine möglichst flexible Studiengestaltung, die den Studierenden Zeit für Praktika lässt. In unserem Jobportal unter fact.hhu.de finden unsere Studierenden viele exklusive Angebote dafür.

Für Vernetzung durch Inhalte und Personen steht auch unser Praxisbeirat. Hier tauschen wir uns regelmäßig mit hochrangigen Unternehmensvertretern von BDO, Deloitte, ETL, EY, Grant Thornton, PwC und Rödl & Partner aus; einerseits, um unsere Lehrinhalte immer wieder auf ihre Praxisrelevanz hin zu überprüfen und andererseits, um für unsere Studierenden die Türen in die Praxis zu öffnen. Natürlich nutzen wir unsere intensiven Praxiskontakte auch, um interessante Gäste für Vorträge zu akquirieren. Und unsere zahlreichen Dozenten aus der Praxis habe ich ja auch schon angesprochen, die Seminare anbieten und Projekt- und Abschlussarbeiten zu Fragestellungen aus der Praxis betreuen.

Ein weiteres Highlight ist zuletzt auch noch unsere fact x hhu-Jahrestagung in Zusammenarbeit mit der Schmalenbach-Gesellschaft für Betriebswirtschaft. Hier dreht sich einen ganzen Tag alles um ein bestimmtes Thema. Digitalisierung, Populismus, Nachhaltigkeit – die großen Themen eben. Zuletzt berichtete WP StB Martin Wambach von seiner Arbeit im Fall Wirecard. Schneller als beim anschließenden Get-together mit Düsseldorfer Alt vom Fass kann man Studierende und potenzielle Arbeitgeber nicht zusammenbringen!

Wie groß ist das Interesse, auch mit Blick auf die Erwartungshaltung an den Wirtschaftsprüferberuf, den Schwerpunkt Audit (§ 13b WPO) an der HHU zu wählen?

Darüber habe ich mich jüngst auch mit meiner Kollegin Prof. Dr. Janine Maniora unterhalten. Sie ist Professorin für BWL, insb. Financial Accounting bei uns im FACT-Schwerpunkt. Wir beide beobachten, dass die Erwartungen der Studierenden recht unterschiedlich sind. Prof. Maniora fällt insbesondere auf, dass für die Studierenden die Aussicht auf einen attraktiven Arbeitsplatz mit interessanten Aufgaben und großer Verantwortung auf jeden Fall für die Karriere in der Wirtschaftsprüfung spricht. Dazu kommen die guten Verdienstmöglichkeiten. Abschreckend wirkt aber der hohe Druck und die mitunter langen Arbeitszeiten während der Busy Season. Außerdem würden die Tätigkeiten von manchen Studierenden immer noch als monoton wahrgenommen. „Die hohen Anforderungen des WP-Examens demotivieren diese Studierenden dann noch zusätzlich und machen die Nachwuchsgewinnung für den WP-Beruf leider nicht gerade leichter“, findet Prof. Maniora. Modularisierung und Anrechnungsoptionen wie nach § 13b WPO helfen hier zwar schon weiter. Aber vor allem ist es wichtig, das Interesse der Studierenden an den Themen zu wecken, deren Vielfalt aufzuzeigen und zukünftige Herausforderungen zu beschreiben. Und genau das sehen wir dann auch als unsere Aufgabe in der Gestaltung unseres Lehrangebots.

Aus meiner Sicht kommt dazu noch ein übergeordneter Punkt. Die hohen Zugangsvoraussetzungen und der relativ stark vorgezeichnete Karrierepfad im Bereich Wirtschaftsprüfung kann für junge Menschen abschreckend sein – aber nicht, weil sie sich per se nicht festlegen wollen, sondern weil sie mit der Festlegung so vielen anderen Optionen eine Absage erteilen; und zwar für den Rest ihres Berufslebens, also wahrscheinlich bis Anfang 70. Versetzen Sie sich jetzt in die Situation dieser jungen Menschen: Stellen Sie sich vor, Sie haben ein hohes Maß an Bildung erhalten und wurden dabei, wenn nötig, auch finanziell unterstützt, zum Beispiel durch BAföG und Erasmus+. Ihnen wurde dabei immer erklärt, dass Sie alle Möglichkeiten haben, dass Ihnen die Welt offensteht und dass Sie weit kommen werden, wenn Sie hart arbeiten. Mit der Festlegung beim Jobeinstieg ist dann ein enormes subjektives Risiko verbunden. Denn die Studierenden fürchten sich ja nicht vor den sprichwörtlichen Fragen unterm Weihnachtsbaum, also „Wie läuft die Uni?“ oder „Und wann fängst du endlich an zu arbeiten?“, sondern vor der lebenslangen Frage „Was wäre gewesen, wenn …?“. Schließlich hätten sie ja alle Möglichkeiten gehabt. Profilbildung und Schwerpunktwahl inklusive der Option nach § 13b WPO ist für die meisten Studierenden nur eine Option unter sehr vielen. Deshalb ist es umso wichtiger, hier ein attraktives Angebot zu machen, und das nehmen wir gerade auch für die Berufspraxis, die solche Absolventen dringend benötigt, natürlich sehr ernst.

Welche Zielgruppe der Studenten nach fachlichem Interesse, Alter und Geschlecht fühlt sich von der Anrechnungsmöglichkeit besonders angesprochen? Haben Sie Hinweise, in welchen Bereichen die Absolventen ihre spätere Berufstätigkeit aufnehmen?

Insgesamt haben wir den Eindruck, dass sich für die Anrechnungsmöglichkeit insbesondere diejenigen Studierenden interessieren, die ganz klar in Richtung Wirtschaftsprüfung und Steuerberatung gehen wollen. Bei denjenigen ist das Interesse an unserem Gesamtprofil fact × hhu mit dem Schwerpunkt Audit und der Option einer Anrechnung nach § 13b WPO sehr groß! Das wissen wir auch aus der extra dafür eingerichteten Studienberatung, die von Matthias Wesser betreut wird, dem für das Studienprofil fact × hhu zuständigen wissenschaftlichen Mitarbeiter. Einige Interessierte haben schon ihr Bachelor-Studium in Düsseldorf absolviert und von vornherein geplant, für den Master in Düsseldorf zu bleiben; andere kommen extra wegen dieser Anrechnungsmöglichkeit zu uns an die HHU. Da stehen wir im Wettbewerb schon sehr gut da. Viele dieser Studierenden haben auch schon einschlägige Praktika absolviert und häufig bereits guten Kontakt zu Gesellschaften und Kanzleien – und freuen sich, das auf „breitere Füße“ zu stellen. Und man muss eines sagen: In aller Regel sind es Studierende mit überdurchschnittlichen bis herausragenden Leistungen. Als Masterstudierende sind sie häufig Mitte 20. Nach Abschluss des Studiums streben sie in den meisten Fällen dann auch direkt den Praxiseinstieg inklusive Examensvorbereitung an, sei es für den WP oder den StB. Immer wieder gibt es aber natürlich auch den Fall, dass Absolventen unserer Fakultät zunächst noch als wissenschaftliche Mitarbeitende während ihrer Promotion verbunden bleiben. Das freut uns natürlich sehr und spiegelt sicherlich noch einmal das besondere Leistungsniveau der Studierenden in unserem Programm.
Und eine besonders gute Nachricht zum Abschluss: Vor allem auf die Entwicklung in der Geschlechter-Statistik sind wir stolz – von 0 % Frauenquote im ersten Jahrgang auf 70 % im aktuellen Kurs. Ich finde, das sind doch wirklich gute Aussichten für den Berufsstand!

Quelle: WPK Magazin 4/2023, S. 68-71.

fact × hhu dankt für die freundliche Unterstützung

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